[Film] The Irishman

Das mehr als dreistündige Mafiaepos von Scorsese basiert auf dem Buch „I Heard You Paint Houses“, das vom Leben des Auftragmörders Frank Sheeran, im Film dargestellt von Robert DeNiro, erzählt.

Was ich persönlich an dem Film sehr interessant fand: den Kampf der Gewerkschaften gegen die reiche Elite, dazugehörend die Figur des Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino), der in Mafia-Geschäfte verstrickt war, sowie die Verwebungen der Mafia mit dem Kennedyclan, die laut Film sogar so weit gingen, dass die Mafia bei der Wahl JFKs eine große Rolle spielte. Ich finde dem Film hätte es sehr gut getan, wenn er seinen Fokus noch mehr auf diese Story gelegt hätte, zumal das Thema Gewerkschaften in den USA heutzutage sehr heiß sein dürfte.

Leider verliert sich The Irishman etwas im nostalgischen Old Men Festival (beachte: Italiener und Iren galten zu der Zeit nicht als Weiß/WASP). Altbekannte Schauspieler wurden digital jünger gemacht, anstatt die jüngeren Versionen anders zu besetzen. Dadurch sahen sie für mich nicht jünger aus, sondern wie operierte alte Männer.

Der Film brilliert dabei, seine Frauen mundtot zu machen und verpasst damit viel Potential, obwohl Franks Tochter prominent mit Anna Paquin besetzt wurde, und auch die jüngere Version, gespielt von Lucy Gallina, mit ihren stechenden Blicken schauspielerisch überzeugte. Ich musste die ganze Zeit an die Beziehung zwischen Tony Soprano und seiner Tochter Meadow denken, an die ikonische Szene in einer der ersten Folgen, wo sie fragt „Are you in the Mafia?“ und Tony amüsiert antwortet: „There is no Mafia“. Wo The Sopranos den Frauen etwas Platz bot, verfällt The Irishman in sehr altbackene Muster zurück und lässt höchstens die nörgelnde Ehefrau kurz zu Wort kommen.

Alles in allem ist The Irishman ein solider Drama-Film, der mich trotz seiner Länge selten langweilte. Mafiafilm-Nostalgiker dürften ihren Spaß haben. Der Film könnte auch etwas für Leute sein, die sich für die 60er Jahre der USA interessieren.

PS. Die Rezension von Marietta Steinhart/Die Zeit finde ich ganz gelungen.