Auf der Suche nach einem wissenschaftlichen, „neutralen“ Buch über Ernährung bin ich im deutschsprachigen Raum bisher nicht fündig geworden. Bas Kasts Ernährungskompass scheint in die Richtung zu gehen, aber wenn sein erstes Kapitel schon aus einer Ich-Erzählung über sein Joggingverhalten besteht, vergeht mir jegliche Lust. Eine Suche im englischsprachigen Raum führte mich dann zu Eat, Drink and be Healthy – The Havard Medical School Guide to Healthy Eating von Walter C. Willett, einem Arzt und Ernährungswissenschaftler der Harvard Medical School.
Ich war schon sehr angetan von den ersten Kapiteln, die die Geschichte von Ernährungspyramiden/-tellern (in den USA) beleuchten und erklären, wie viel Einfluss diverse Lobbys haben. Beispielsweise hat die von der Wissenschaft empfohlene starke Einschränkung von rotem Fleisch es nie in dieser Art in die staatlichen empfohlenen Ernährungspyramiden geschafft, da die Argarindustrie zu großen Einfluss hat. Man kann sich vorstellen, dass es in Deutschland ähnlich ist. Die von Harvard ausgearbeitete Ernährungspyramide zur gesündesten Ernährung – nach jetztigem Stand der Wissenschaft – könnt ihr hier kostenlos anschauen. Generell findet man auf der Website alle wichtige Informationen aus dem Buch, sodass ein Kauf nicht nötig ist. Wer etwas tiefer in die Materie eintauchen will oder die Infos kompakt zur Hand haben möchte, kann ergänzend dann noch zum Buch greifen.
Für mich war dieses Buch jedenfalls ein Volltreffer und hat meine Ernährungsroutine zum Positiven verändert. Anfang des Jahres fühlte ich mich mit meinem Gewicht nicht mehr wohl und habe begonnen mithilfe von Kalorienzählen abzunehmen, ohne darauf zu achten, was ich esse. Irgendwann kam Sport hinzu, der das Abnehmen durch die zusätzlich verbrannten Kalorien deutlich erleichterte. Jetzt wo da meine ersten Ziele erreicht sind, ich 10kg abgenommen und Muskeln aufgebaubt habe, möchte ich mich genauer mit gesunder Ernährung befassen.
Das Buch erklärt auf nüchterne, wissenschaftliche Art, wie Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien funktionieren, was (laut diverser großer Studien) sich positiv auf die Gesundheit auswirkt und was eher nicht. Zu jedem Kapitel gibt es Vorschläge, wie man eine gesündere Ernährung auf dem Weg bringen kann, das alles ohne „du musst dies und das“, sondern in einem angenehmen, beratenden Tonfall. Allerdings hier ein Hinweis, weil ich weiß, dass das einigen Menschen aufstoßen dürfte: der Autor findet klare Worte zum Thema „Übergewicht“ und benennt es als hohen Risikofaktor für Krankheiten des Herzens oder Diabetes. Wobei sich da auch jeder mit Normal-BMI angesprochen fühlen darf, dessen Körperfettanteil zu hoch ist.
Was im Buch fehlt, ich aber als sehr angenehm emfpand: Vegetarische/Vegane Ernährung wird nicht explizit erwähnt. Wer die empfohlene Ernährungspyramide anschaut, sieht, dass eine vegane Ernährung sich damit einfach realisieren lässt. Ich meine sogar im Buch etwas herausgelesen zu haben, dass eine vegane Ernährung am idealsten wäre, aber das würde wohl zu viele Menschen sofort vertreiben. Die Möglichkeit eines Nährstoffmangels spricht der Autor unabhängig vom Veganismus an, listet für alle Nährstoffe tierische und pflanzliche Vorkommen auf und empfiehlt zur Absicherung eine günstige Multivitamin-Tablette am Tag.
Mit Eat, Drink, and Be Healthy bekommt ihr ein Buch, das studiengestützt über Ernährung berichtet, viele Tipps oder Beispiele gibt und auch offen Leerstellen nennt, wo die Datenlage einfach noch nicht ausreichend ist um ein Urteil zu fällen. Einziger kleiner Minuspunkt ist, dass alles auf die USA zentriert ist, man manche der empfohlenen Produkte also nicht hier kaufen kann.
Mir hat das Buch sehr geholfen, die Ernährungspyramide hängt bei mir in der Küche und ich orientiere mich meistens daran. Beispielsweise stelle ich meine Kohlenhydrate auf Vollkorn um und integriere viel mehr Öle in meine Ernährung, da diese sehr gesund sind. Nur die Kartoffel, eigentlich kein besonders gesundes Nahrungsmittel, bleibt meine Achillesferse…