[Film] To all the boys I’ve loved before

Hätte ich mal gewusst, dass es gar nicht primär um Briefe geht, hätte ich hier wohl früher reingeschaut. Lara Jean ist ein typisches Highschool-Mädchen, das mit ihrer verpeilten und verträumten Art eher zu den Außenseitern gehört. Verliebt sie sich in Jungs, schreibt sie kitschige Liebesbriefe und schickt diese niemals ab. Bis eines Tages die Briefe doch in der Post landen und Lara Jean dadurch auf ungewöhnliche Art dem Sportler Peter näher kommt. Es entwickelt sich eine etwas ungewöhnliche, aber niedliche Liebesgeschichte mit den typischen Auf-und-Abs.
Lara Jean (gespielt von Lana Condor) und ihre zwei Schwestern sind halb-koreanisch, was schon mal eine willkommene Abwechslung zu den üblichen weißen Protagonistinnen ist, aber zum Glück auch nicht besonders in der Story hervorgehoben wird. Außer natürlich, wenn es um’s Essen geht, was bei mix-cultural Familien immer ein großes Thema ist. Jedenfalls lebt der Film von Lara Jeans coolen und sympathischen Charakter, und selbst ihr love interest ist nicht ganz so flach wie man es von einem Jock erwartet. To all the boys I’ve loved before ist eine unterhaltsame Teenager-Romanze und ich freu mich schon auf die zwei Fortsetzungen.

[Film] Snowpiercer

Forscher entwickelten ein Verfahren, um die Klimaerwärmung zu stoppen, die Erbe abzukühlen und damit das Leben auf der überhitzten Erde wieder erträglich zu machen. Der Schuss ging nach hinten los: es wurde zu kalt für jegliches Leben auf dem Planeten. Doch ein paar Menschen überlebten. Auf einem stets um die Erde fahrenden Zug mit tausend Abteilen.
Der 2013 erschienene amerikanisch-koreanische Film von Bong Joon-ho (Parasite, The Host) basiert auf der französischen Graphic Novel Le Transperceneige, die vom Plot her noch abgefahrener zu sein scheint als der Film. Akzeptiert man die schräge Prämisse, hat man einen Film, der sich mit einer Klassen-Gesellschaft beschäftigt, im hinteren Zugabteil der Pöbel, im vorderen die Priviligierten und natürlich kommt es zum Aufstand.
Ich glaube dem Film hat es nicht ganz gut getan eine amerikanisch-koreanische Kooperation zu sein. Es gibt einige abgedrehte Elemente, die ich als typisch für Bong und seinen Produzenten Park Chan-wook (Old Boy, I’m a cyborg…) einordnen würde, aber dann verfällt der Film leider doch wieder in Standard-Muster, die man von amerikanischen Katastrophenfilmen kennt. Absolut sehenswert sind Tilda Swinton, die eine sehr eklige und erschreckend realistische Ministerin spielt, und Song Kang-ho, der schon in diversen Filmen von Park und Bong mitspielte, und hier einen drogensüchtigen Sicherheitsexperten spielt. Alles in allem fand ich den Film sehenswert, aber eher durchschnittliches Popcorn-Kino und nicht das, was ich sonst aus dieser Sparte gewohnt bin.

[Buch] Pale Rider: The Spanish Flu of 1918

Das Buch von Laura Spinney ist bereits 2017 erschienen und jetzt während der Corona-Pandemie natürlich eine besonders interessante Lektüre, mithilfe derer man leicht Parallelen zu heute sehen kann.

Lange hielt ich die Spanische Grippe für das, was der Name sagt: eine eher lokal beschränke Grippewelle. Die Grippewelle war mir nur ein Begriff, weil spekuliert wird, dass sie der Auslöser für die Europäische Schlafkrankheit, eine Form von Hirnhautentzündung, war. Diese grassierte zwischen 1915 bis 1926, wobei die Fälle sich mit dem Auftreten und nach dem Abklingen der Spanischen Grippe besonders häuften. Insgesamt geht man von 500.000 bis 1 Millionen Erkrankten aus, wovon 1/3 sich nie erholten. Der Beweis für den Zusammenhang blieb aber bis heute aus. Schaut man sich an, welche Langzeitfolgen Covid19 bei einigen Patient:innen hat, ist die Angst vor ähnlichen weitreichenden Langzeitschäden trotzdem groß.

Die Spanische Grippe wurde durch einen Influenzavirus verursacht, dessen Varianten auch die Russische Grippe (1977, an diese denkt meine Großmutter derzeit mit viel Angst zurück) und die Schweinegrippe (2009) verursachten. Bei der Spanischen Grippe haben sich 1/3 der Weltbevölkerung, damals 500 Millionen Menschen, in vier Wellen infiziert. Es soll ca. 50 bis 100 Millionen Tote gegeben haben, wobei die Zahlen nicht ganz genau bestimmbar sind. Jede Familie war durch mindestens einen Todesfall von der Spanischen Grippe betroffen. Damit war es eine der schlimmsten Pandemien der Menschheit. Umso verwunderlicher ist es, dass sie kaum ins kollektive Gedächtnis gegangen ist. Nicht nur Fakten benennt Spinney in ihrem Buch, sie beschäftigt sich auch mit den persönlichen Schicksalen, mit der Trauer und dem „Vergessen“. (Oder auch den positiven Auswirkungen auf’s Klima…)

Eigentlich sollte es nicht ungwöhnlich sein, aber es ist gut und wichtig, dass Spinney hier nicht nur weiße Geschichte erzählt, sondern auch ausführlich von der Spanischen Grippe in Asien und Afrika berichtet, oder auch von Frauen und ihrer Rolle in der Pandemie.

Das Buch wäre schon für sich genommen sehr lesenswert. Ich fass es noch immer nicht so ganz, wie die Pest es ins kollektive Gedächtnis geschafft hat, aber die Spanische Grippe fast komplett vergessen ist, obwohl sie teilweise unsere Ur-Großeltern betroffen haben müsste. Und zu heutigen Zeiten ist das Thema natürlich hochaktuell wie nie. Auch damals schlug man sich schon mit Leuten herum, die Masken verweigerten oder partout große Kirchenmessen abhalten wollten. Obwohl wir 100 Jahre voraus sind, hat sich manches doch nicht geändert. Ich kann die Lektüre allen ans Herzen legen, wenn man dies gerade verkraften kann.
(CN: Der mögliche schlimme Verlauf der Spanischen Grippe wird an einer Stelle explizit beschrieben, er ähnelt auch manchen Krankheitsverläufen bei Covid19.)