Forscher entwickelten ein Verfahren, um die Klimaerwärmung zu stoppen, die Erbe abzukühlen und damit das Leben auf der überhitzten Erde wieder erträglich zu machen. Der Schuss ging nach hinten los: es wurde zu kalt für jegliches Leben auf dem Planeten. Doch ein paar Menschen überlebten. Auf einem stets um die Erde fahrenden Zug mit tausend Abteilen.
Der 2013 erschienene amerikanisch-koreanische Film von Bong Joon-ho (Parasite, The Host) basiert auf der französischen Graphic Novel Le Transperceneige, die vom Plot her noch abgefahrener zu sein scheint als der Film. Akzeptiert man die schräge Prämisse, hat man einen Film, der sich mit einer Klassen-Gesellschaft beschäftigt, im hinteren Zugabteil der Pöbel, im vorderen die Priviligierten und natürlich kommt es zum Aufstand.
Ich glaube dem Film hat es nicht ganz gut getan eine amerikanisch-koreanische Kooperation zu sein. Es gibt einige abgedrehte Elemente, die ich als typisch für Bong und seinen Produzenten Park Chan-wook (Old Boy, I’m a cyborg…) einordnen würde, aber dann verfällt der Film leider doch wieder in Standard-Muster, die man von amerikanischen Katastrophenfilmen kennt. Absolut sehenswert sind Tilda Swinton, die eine sehr eklige und erschreckend realistische Ministerin spielt, und Song Kang-ho, der schon in diversen Filmen von Park und Bong mitspielte, und hier einen drogensüchtigen Sicherheitsexperten spielt. Alles in allem fand ich den Film sehenswert, aber eher durchschnittliches Popcorn-Kino und nicht das, was ich sonst aus dieser Sparte gewohnt bin.
[Buch] Pale Rider: The Spanish Flu of 1918
Das Buch von Laura Spinney ist bereits 2017 erschienen und jetzt während der Corona-Pandemie natürlich eine besonders interessante Lektüre, mithilfe derer man leicht Parallelen zu heute sehen kann.
Lange hielt ich die Spanische Grippe für das, was der Name sagt: eine eher lokal beschränke Grippewelle. Die Grippewelle war mir nur ein Begriff, weil spekuliert wird, dass sie der Auslöser für die Europäische Schlafkrankheit, eine Form von Hirnhautentzündung, war. Diese grassierte zwischen 1915 bis 1926, wobei die Fälle sich mit dem Auftreten und nach dem Abklingen der Spanischen Grippe besonders häuften. Insgesamt geht man von 500.000 bis 1 Millionen Erkrankten aus, wovon 1/3 sich nie erholten. Der Beweis für den Zusammenhang blieb aber bis heute aus. Schaut man sich an, welche Langzeitfolgen Covid19 bei einigen Patient:innen hat, ist die Angst vor ähnlichen weitreichenden Langzeitschäden trotzdem groß.
Die Spanische Grippe wurde durch einen Influenzavirus verursacht, dessen Varianten auch die Russische Grippe (1977, an diese denkt meine Großmutter derzeit mit viel Angst zurück) und die Schweinegrippe (2009) verursachten. Bei der Spanischen Grippe haben sich 1/3 der Weltbevölkerung, damals 500 Millionen Menschen, in vier Wellen infiziert. Es soll ca. 50 bis 100 Millionen Tote gegeben haben, wobei die Zahlen nicht ganz genau bestimmbar sind. Jede Familie war durch mindestens einen Todesfall von der Spanischen Grippe betroffen. Damit war es eine der schlimmsten Pandemien der Menschheit. Umso verwunderlicher ist es, dass sie kaum ins kollektive Gedächtnis gegangen ist. Nicht nur Fakten benennt Spinney in ihrem Buch, sie beschäftigt sich auch mit den persönlichen Schicksalen, mit der Trauer und dem „Vergessen“. (Oder auch den positiven Auswirkungen auf’s Klima…)
Eigentlich sollte es nicht ungwöhnlich sein, aber es ist gut und wichtig, dass Spinney hier nicht nur weiße Geschichte erzählt, sondern auch ausführlich von der Spanischen Grippe in Asien und Afrika berichtet, oder auch von Frauen und ihrer Rolle in der Pandemie.
Das Buch wäre schon für sich genommen sehr lesenswert. Ich fass es noch immer nicht so ganz, wie die Pest es ins kollektive Gedächtnis geschafft hat, aber die Spanische Grippe fast komplett vergessen ist, obwohl sie teilweise unsere Ur-Großeltern betroffen haben müsste. Und zu heutigen Zeiten ist das Thema natürlich hochaktuell wie nie. Auch damals schlug man sich schon mit Leuten herum, die Masken verweigerten oder partout große Kirchenmessen abhalten wollten. Obwohl wir 100 Jahre voraus sind, hat sich manches doch nicht geändert. Ich kann die Lektüre allen ans Herzen legen, wenn man dies gerade verkraften kann.
(CN: Der mögliche schlimme Verlauf der Spanischen Grippe wird an einer Stelle explizit beschrieben, er ähnelt auch manchen Krankheitsverläufen bei Covid19.)
[Film] The Lighthouse
Der Horrorfilm The Lighthouse vom Regiesseur Robert Eggers ist 2019 erschienen, imitiert aber aufgrund der schwarz-weißen Optik und dem Format in 4:3 einen deutlich älteren Film, was ganz gut zu der im späten 19. Jahrhundert angesiedelten Handlung passt. Willem Dafoe spielt einen älteren Seemann, der auf einem entlegenenen Steinhaufen im Meer – Insel kann man es kaum nennen – als Leuchtturmwärter arbeitet. Sein junger Gehilfe Ephraim (Robert Pattinson) soll ihn vier Wochen lang unterstützen. Nach und nach verfallen die beiden ihrem Wahnsinn. Die Optik, aber auch die Akustik mit dem ständig dröhenden Nebelhorn und dem Klickern und Klappern der Maschinen, gibt dem Film einen ganz besonderen Anstrich, der dadurch besonders gut funktioniert und schnell eine beklemmende Atmosphäre aufbaut. Dazu tragen auch die beiden Protagonisten bei, deren schauspielerische Leistung überzeugt. Cthulhu-Fans dürften an dem Film ihre Freude haben, auch wenn der Film nicht als cthulhoid beworben wird, so kann er doch ganz klar diesem Horror-Genre zugeordnet werden. Und ich hoffe, ihr habt spätestens nach diesem Film Respekt vor Möwen.