[Film] The shall not grow old

100 Stunden orginal Filmmaterial und 600 Stunden Interviews mit Soldaten wertete die Crew rund um Regisseur und Produzenten Peter Jackson für die 2018 erschienene Dokumentation über die Soldaten im ersten Weltkrieg aus. Anders als viele Dokumentationen verzichtet They shall not grow old komplett auf einen Erzähler und lässt die Soldaten von ihren Erlebnissen erzählen. Digitale Aufbearbeitung, Koloration und Vertonung des Materials lassen das Erlebte näher wirken als Texte oder schwarz-weiße Bilder.
Mit dem Thema „The Great War“ habe ich mich im Anglistik-Studium auseinandergesetzt, konkret mit Solier Poets (z.B. The Soldier, Suicide in the Trenches, Dulce et Decorum est, Anthem for the doomed Youth; sowie For the Fallen, aus dem der Titel des Films entnommen ist). Mir war auf einer objektiven Ebene der Schrecken der Schützengräben und das daraus resultiertende Trauma einer ganzen Generation bekannt, aber erst durch die Dokumentation mit dem Originalmaterial und der besonderen Aufbearbeitung wurde mir richtig bewusst, was für ein schrecklicher Albtraum dieser Krieg gewesen sein muss. Allein die roten Mohnblumen zu sehen, die zum Symbol des Krieges wurden (siehe z.B. In Flanders Fields), war schon besonders gruselig. They shall not grow old ist eine großartige Dokumentation, die ich nur empfehlen kann. (Hinweis: Im Film gibt es kolorierte Bilder von Verletzungen und Leichen sowie schwarz abfaulenden Füßen zu sehen.)

[Film] To all the boys I’ve loved before

Hätte ich mal gewusst, dass es gar nicht primär um Briefe geht, hätte ich hier wohl früher reingeschaut. Lara Jean ist ein typisches Highschool-Mädchen, das mit ihrer verpeilten und verträumten Art eher zu den Außenseitern gehört. Verliebt sie sich in Jungs, schreibt sie kitschige Liebesbriefe und schickt diese niemals ab. Bis eines Tages die Briefe doch in der Post landen und Lara Jean dadurch auf ungewöhnliche Art dem Sportler Peter näher kommt. Es entwickelt sich eine etwas ungewöhnliche, aber niedliche Liebesgeschichte mit den typischen Auf-und-Abs.
Lara Jean (gespielt von Lana Condor) und ihre zwei Schwestern sind halb-koreanisch, was schon mal eine willkommene Abwechslung zu den üblichen weißen Protagonistinnen ist, aber zum Glück auch nicht besonders in der Story hervorgehoben wird. Außer natürlich, wenn es um’s Essen geht, was bei mix-cultural Familien immer ein großes Thema ist. Jedenfalls lebt der Film von Lara Jeans coolen und sympathischen Charakter, und selbst ihr love interest ist nicht ganz so flach wie man es von einem Jock erwartet. To all the boys I’ve loved before ist eine unterhaltsame Teenager-Romanze und ich freu mich schon auf die zwei Fortsetzungen.

[Film] Snowpiercer

Forscher entwickelten ein Verfahren, um die Klimaerwärmung zu stoppen, die Erbe abzukühlen und damit das Leben auf der überhitzten Erde wieder erträglich zu machen. Der Schuss ging nach hinten los: es wurde zu kalt für jegliches Leben auf dem Planeten. Doch ein paar Menschen überlebten. Auf einem stets um die Erde fahrenden Zug mit tausend Abteilen.
Der 2013 erschienene amerikanisch-koreanische Film von Bong Joon-ho (Parasite, The Host) basiert auf der französischen Graphic Novel Le Transperceneige, die vom Plot her noch abgefahrener zu sein scheint als der Film. Akzeptiert man die schräge Prämisse, hat man einen Film, der sich mit einer Klassen-Gesellschaft beschäftigt, im hinteren Zugabteil der Pöbel, im vorderen die Priviligierten und natürlich kommt es zum Aufstand.
Ich glaube dem Film hat es nicht ganz gut getan eine amerikanisch-koreanische Kooperation zu sein. Es gibt einige abgedrehte Elemente, die ich als typisch für Bong und seinen Produzenten Park Chan-wook (Old Boy, I’m a cyborg…) einordnen würde, aber dann verfällt der Film leider doch wieder in Standard-Muster, die man von amerikanischen Katastrophenfilmen kennt. Absolut sehenswert sind Tilda Swinton, die eine sehr eklige und erschreckend realistische Ministerin spielt, und Song Kang-ho, der schon in diversen Filmen von Park und Bong mitspielte, und hier einen drogensüchtigen Sicherheitsexperten spielt. Alles in allem fand ich den Film sehenswert, aber eher durchschnittliches Popcorn-Kino und nicht das, was ich sonst aus dieser Sparte gewohnt bin.