[Buch] Klara and the Sun

In einer dystopischen Zukunft werden Kinder vorwiegend von Zuhause aus unterrichtet und wachsen eher sozial isoliert auf. Die Eltern, die es sich leisten können, kaufen als Gefährten für ihre Kinder sogenannte AFs, artificial friends, kindsgroße Androiden. Die AF Klara wird irgendwann von der 14jährigen Josie ausgewählt und zieht zur ihr Nachhause. Sie soll nicht nur Gefährtin sein, sondern auch auf die kränkliche Josie aufpassen.

Die Geschichte entfaltet sich sehr langsam, das erste längere Kapitel spielt nur in dem Verkaufsladen, wo Klara die anderen AFs und ihre Umwelt beobachtet und wahrnimmt. Besonders hier ist, dass alles aus Klaras Perspektive erzählt wird, wie sie die Welt „in Kästchen“ sieht und welche besondere Beziehung sie zur Sonne hat, die ihr „Nahrung“ gibt. Natürlich wird auch durch Klaras Perspektive beleuchtet, was es heißen könnte Mensch zu sein. Das Buch ist eher philosophischer Natur als eine harte Sci-Fi Erzählung, wer letzteres erwartet, wird sich eher langweiligen. Wer wie ich Geschichten von und mit Androiden mag, ist bei Klara and The Sun von Kazuo Ishiguro genau richtig.

[Buch] Eleanor Oliphant is completly fine

Das Buch Eleanor Oliphant is completly fine von Gail Honeyman ist 2017 erschienen und handelt – wie der Titel es vermuten lässt – von Eleanor Oliphant, die ein ganz okayes Leben führt. Sie hat studiert, eine Wohnung, einen festen Job und ihre Routinen. Viel Kontakt zu Menschen hat sie nicht, ihre Mittagspause verbringt sie allein, einmal in der Woche spricht sie mit ihrer Mutter.

Zunächst hielt ich das Buch für eine unterhaltsame Erzählung um eine etwas ungewöhnliche Person, die halt lieber alleine lebt, ihre Routinen mag und stellenweise etwas weltfremd wirkt. Insbesondere als sie sich in einen Musiker verliebt und sicher ist, dass er ihr zukünftiger Partner wird.
Neben dieser Sache gibt es aber von Anfang an Andeutungen, dass Eleanor doch nicht completly fine ist. Deswegen sollte man sich vorher über content notes informieren, wenn man triggernde Themen hat.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, es war lustig, traurig, die Charaktere liebenswert. Die Geschichte handelt von Freundschaft, Familie und den kleinen zwischenmenschlichen Gesten, die einen Tag erhellen können. Sehr empfehlenswert!

P.S. Ich habe das Buch auf Audible gehört, was hier besonders gut gepasst hat, weil Eleanor eher hochgestochenes Englisch spricht, ihre Mitmenschen den breiten, umgangssprachlichen Akzent Glasgows (keine Sorge, man versteht es trotzdem ganz gut).

[Buch] Primates of Park Avenue

Die Autorin Wednesday Martin wird schwanger und zieht aus irgendwelchen Gründen, die sicher total wichtig sind, vom betuchten New Yorker Süden in die Upper East Side. Sie sieht sich als Anthropologin, die, teilweise im Vergleich zu Affen oder naturnahen Völkern (jepp… white feminist, I hear you coming), die Mütter der Upper East Side (UES) beschreibt. Wie superreich sie sind, wie sie sich bekämpfen, um ihre Kinder in elitäre Kitas zu kriegen, wie sie sich mit horrend teuren Birkin Bags von der Straße schubsen, aber eigentlich ganz arme Frauen sind, weil ihre Männer reich sind und sie nicht, und am Ende sind sie doch keine so großen Monster und haben ein Herz.*

Die Autorin ist diejenige Person, die zum ersten Mal von den wife bonus berichtet, den New Yorker Frauen am Ende des Jahres von ihren Ehemännern bekommen. Auch wenn Wednesday Martin irgendwann zugibt, selbst „gone native“, also eine UES-Mommy geworden zu sein, ist es spannend zu lesen, wie die Autorin sich als anders, vielleicht auch als etwas besseres sieht, obwohl sie auch stinkreich sein muss, um im Viertel der Stinkreichen überhaupt leben zu können. Also, ich fand das Buch echt unterhaltsam, einfach weil es so viel cringe bietet und mich an mache Berliner Twitter Mütter erinnert, nur noch tausend Mal krasser und reicher. Kann ich also durchaus empfehlen, wenn ihr eine Lektüre sucht, wo Inhalt und Autorin zum Gruseln einladen.

*CN Stillgeburt für das letzte Kapitel. Für eine kurze Erklärung/Spoiler weiter nach unten scrollen.


Die Autorin erlitt eine, ihre UES Mommy Bekannten haben sie unterstützt und aufgefangen. Das Kapitel gehört zwar zur persönlichen Lebensgeschichte der Autorin, aber ich fand es unpassend zu dem vorherigen, eher satirischen oder gewollt lustigen Erzählstil. „Aber seht, sie haben doch ein Herz, weil sie mich unterstützt haben“ hatte einen komischen Geschmack.